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Stationäre Allgemeine Innere Medizin

Die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin gibt die folgenden Empfehlungen für den stationären Bereich ab:

1) Keine umfangreichen Blut- oder Röntgenuntersuchungen in regelmässigen Abständen (z.B. täglich) ohne klinisch spezifische Fragestellung verordnen.

 

Viele Untersuchungen (wie z.B. Thoraxröntgen, arterielle Blutgasanalysen, klinische Chemie, Hämatogramme und EKGs) werden in regelmässigen Abständen (z.B. täglich) verordnet. Im Vergleich zu einem Vorgehen, bei welchem solche Tests nur zur Beantwortung von klinisch spezifischen Fragen oder zum Festlegen des weiteren Vorgehens dienen, erhöhen unnötige Routineverordnungen die Kosten der Gesundheitsversorgung ohne zusätzlichen Nutzen für den Patienten.

 

Zudem können solche nicht-indizierten Untersuchungen auch Risiken und Nebenwirkungen in sich bergen, wie z.B. eine Anämie, oder weitere aufwendige Abklärungen von abnormen, klinisch jedoch nicht relevanten Befunden hervorrufen.

2) Keine Dauerkatheter bei Inkontinenz legen oder liegen lassen, wenn dies nur dem Komfort oder zur Überwachung des Urinvolumens bei nicht-kritisch kranken Patienten dient und ausserhalb der Sterbe- oder Komfortpflege ist.

 

Katheter-assoziierte Harnwegsinfektionen sind die am häufigsten auftretenden im Spital erworbenen Infektionen. Die Verwendung von Blasenkathetern bei Inkontinenz oder aus Bequemlichkeit ohne konkrete Indikation und Angabe der Dauer erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Infektion und geht mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität und damit auch höheren Gesundheitskosten einher.

 

Es wird empfohlen, dass Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen Richtlinien und Verfahren zu den entsprechenden Indikationen und den damit verbundenen Prozessen (inkl. Strategien für das Absetzen und Auswechseln der Katheter) entwickeln.

3) Keine Transfusion von mehr als der minimal benötigten Menge Erythrozyten-Konzentrate verordnen, um Anämiesymptome zu lindern oder einen sicheren Hämoglobinwert zu erreichen.

 

(7 g/dl bei stabilen nicht-kardialen Patienten und 8 g/dl bei stabilen Patienten mit einer vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankung)

 

Es wird die kleinstmögliche Transfusionsmenge empfohlen, da im Vergleich dazu liberale Transfusionsstrategien kein besseres Outcome erzielen. Unnötige Transfusionen erzeugen zudem unnötige Kosten und bergen Risiken für den Patienten. Die routinemässige Verabreichung von 2 Einheiten Erythrozyten sollte vermieden werden, wenn 1 Einheit ausreichend ist.

4) Ältere Menschen während des Krankenhausaufenthalts nicht zu lange im Bett liegen lassen.

 

Individuelle therapeutische Ziele sollten sich an den Werten und Präferenzen der Patienten orientieren.

 

Über 65 % der älteren Menschen, die initial ohne Einschränkung der Gehfähigkeit waren, verlieren diese zunehmend während eines Krankenhausaufenthalts. Die Mobilisation während des Krankenhausaufenthalts ist deshalb entscheidend für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit bei älteren Menschen. Ein Verlust der Gehfähigkeit erhöht die Dauer des Krankenhausaufenthalts sowie die Notwendigkeit einer Rehabilitation, einer Platzierung im Pflegeheim sowie das Sturzrisiko während oder nach der Entlassung aus dem Krankenhaus; eine reduzierte Gehfähigkeit erhöht auch die Mortalität älterer Menschen.


Bettruhe oder begrenzte Mobilität (wie z.B. häufiges Sitzen im Stuhl) während eines Krankenhausaufenthalts verursacht eine Dekonditionierung und ist einer der wichtigsten Faktoren für den Verlust der Gehfähigkeit bei hospitalisierten älteren Menschen. Ältere Menschen, die während des Krankenhausaufenthalts die Gehfähigkeit erhalten, werden früher aus dem Spital entlassen, sind mobiler und können selbstständiger ihren Tagesaktivitäten nachgehen; zusätzlich beschleunigt sich die Erholungsphase nach einer Operation.

5) Älteren Menschen als erste Wahl keine Benzodiazepine, andere Beruhigungsmittel oder Hypnotika gegen Schlaflosigkeit, Unruhe oder Delirium verabreichen und das Rezeptieren solcher Medikamente bei Spitalaustritt vermeiden.

 

Grosse Studien zeigen, dass sich das Risiko für Verkehrsunfälle, Stürze und Hüftfrakturen sowie für Hospitalisierungen oder Tod bei älteren Menschen mehr als verdoppelt, wenn Benzodiazepine oder andere Beruhigungs- oder Schlafmittel verordnet werden.

 

Das Gesundheitspersonal sollte die potenziellen Gefahren der verschiedenen Behandlungsstrategien für Schlaflosigkeit, Unruhe oder Delirium bei älteren Patienten kennen. Die Anwendung von Benzodiazepinen sollte auf Alkoholentzugserscheinungen, Delirium tremens oder schwere generalisierte Angststörungen, die nicht auf andere Therapien ansprechen, beschränkt sein.