Top-5-Listen>Orthopädie/Traumatologie (2024)

Orthopädie/Traumatologie

 

Die Schweizerische Gesellschaft für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie (swiss orthopaedics) gibt die folgenden Empfehlungen ab:

1) Kein arthroskopisches Débridement als Erstbehandlung bei Kniearthrosen

 

Die Kniearthrose ist eine degenerative Gelenkserkrankung, die mit zunehmenden Schmerzen, Beweglichkeitseinschränkung und verminderter Belastbarkeit einhergeht. Schwellungszustände und Gelenkdeformationen treten mit dem Fortschreiten der Erkrankung gehäuft auf. Am Kniegelenk finden sich zudem oft Meniskusschäden, die an der Arthroseentstehung mitbeteiligt sein können oder als Folge der zunehmenden Gelenksdegeneration entstehen und die Symptome mitbeeinflussen können.

 

Die konservative Therapie mit Medikamenten (NSAR, evtl. Steroide und als Alternative Chondroitinsulfat/Glucosamin) oder mit physiotherapeutischen Massnahmen (aktiv oder passiv) ist für die Behandlung die erste Wahl. Damit lässt sich eine adäquate Symptomlinderung in den meisten Fällen erreichen. Falls das Leitsymptom aufgrund einer Gelenksblockade besteht, die auf einen Meniskuslappen oder einen freien Gelenkkörper zurückzuführen ist, kann die Arthroskopie hilfreich sein.

 

Quellen:

Kirkley A et al. A randomized trial of arthroscopic surgery for osteoarthritis of the knee. N Engl J Med 2008; 359:1097-107. Moseley JB et al. A controlled trial of arthroscopic surgery for osteoarthritis of the knee. N Engl J Med 2002; 347:81–88. O’Conner D et al. Arthroscopic surgery for degenerative knee disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2022, Issue 3. Kaelin R et al. Behandlung degenerativer Meniskusläsionen. Swiss Medical Forum 2018; 18:147–153.

 

Evidenzlevel: Randomized controlled trial, level I

2) Kein MRI/CT als primäre Bildgebung bei Hüftproblemen ohne konventionelles Röntgenbild

 

Degenerative Erkrankungen der Hüfte sind häufig. Grundsätzlich kommt bei Früharthrosen eine chirurgische Korrektur der Gelenkmorphologie und bei ausgeprägten Arthrosen (neben der konservativen Therapie) ein Gelenksersatz mittels Prothese infrage.

 

Wenn auf den konventionellen Röntgenbildern (Beckenübersicht) bereits eine fortgeschrittene Degeneration mit relevanter Gelenkspaltverschmälerung (d.h. Tönnis Grad 2 und 3) sichtbar ist, erübrigt sich in den allermeisten Fällen eine weiterführende Diagnostik mittels MRI/CT zur Detektion der Arthrose.

 

Bei speziellen Fragestellungen (z.B. assoziierte Sehnenläsionen, morphologische Deformitäten, junge Patienten) kann der Facharzt eine zusätzliche (Arthro-)MRI/CT-Diagnostik indizieren.

 

Quellen:

The Lisbon Agreement on Femoroacetabular Impingement Imaging-part 1: overview. Mascarenhas VV et al. Eur Radiol. 2020 Oct;30(10):5281–5297. Doi: 10.1007/s00330-020-06822-9.

Consensus recommendations on the classification, definition and diagnostic criteria of hip-related pain in young and middle-aged active adults from the International Hip-related Pain Research Network, Zurich 2018. Reiman MP et al., Br J Sports Med. 2020 Jun;54(11):631–641. Doi: 10.1136/bjsports-2019-101453.

 

Evidenzlevel: konsensbasierte Leitlinie

3) Keine empirische Antibiotikatherapie bei Verdacht auf chronische orthopädische Infektionen

 

Orthopädische Infektionen ohne Sepsis sind selten unmittelbar lebensgefährlich. Es bleibt daher in der Regel genügend Zeit, eine adäquate Diagnostik mit Keimnachweis durchzuführen. Ein erfolgreicher Keimnachweis ist auch im Hinblick auf einen gezielten Einsatz und die oft sehr lange Dauer der Antibiotikatherapie besonders wichtig. Daher soll vor Beginn einer Antibiotikatherapie eine adäquate Infektionsdiagnose mit dem Ziel eines Keimnachweises durchgeführt werden.

 

Auch im Falle einer eher seltenen Sepsis oder von sonst lebensbedrohenden Zuständen sind vor Beginn der Antibiotikatherapie immer mindestens Blutkulturen und, wenn immer möglich, eine Punktion der klinisch betroffenen Gelenke durchzuführen.

 

Quelle:

Infektionen des Bewegungsapparates: Grundlagen, Prophylaxe, Diagnostik und Therapie. Herausgegeben durch die Expertengruppe «Infektionen des Bewegungsapparates» der swiss orthopaedics und der Swiss Society for Infectious Diseases. Überarbeiteter Nachdruck der 2. Auflage im Eigenverlag swiss orthopaedics, Grandvaux 2016.

 

Evidenzlevel: konsensbasierte Leitlinie

4) Keine isolierte subakromiale Dekompression ohne mindestens sechsmonatige erfolglose konservative Therapie

 

Die subakromiale Dekompression ist eine operative, arthroskopische oder offen chirurgische Therapie zur Behandlung des Impingement-Syndroms der Schulter und beinhaltet die Bursektomie der Bursa subakromialis, alleine oder in Kombination mit einer Akromioplastik.

Beim Impingement-Syndrom der Schulter handelt es sich um eine entzündliche Veränderung der Bursa subakromialis mit oder ohne Tendinopathie der Rotatorenmanschette, was zu bewegungsabhängigen Schmerzen bei der Elevation des Armes über die Horizontale führen kann.

 

Während eine Metaanalyse leicht bessere funktionelle Resultate nach der operativen Therapie beschreibt, zeigt sich in anderen RCT und in Metaanalysen eine gleich gute Besserung der Beschwerden sowohl nach Durchführung der isolierten subakromialen Dekompression wie auch nach konservativ-funktioneller Therapie mit Zuwarten, peroraler NSAR-Gabe, subakromialer Kortikosteroidinfiltration oder verschiedenen Physiotherapieansätzen.

 

Quellen:

Lavoie-Gagne O, Farah G, Lu Y, Metha N, Parvaresh KC, Forsythe B. Physical Therapy Combined With Subacromial Cortisone Injection Is a First-Line Treatment Whereas Acromioplasty With Physical Therapy Is Best if Nonoperative Interventions Fail for the Management of Subacromial Impingement: A Systematic Review and Network Meta-Analysis. Arthroscopy 2022 Aug;38(8).

Beard DJ, Rees JL, Cook JA, Rombach I, Cooper C, Merritt N, et al. Arthroscopic subacromial decompression for subacromial shoulder pain (CSAW): a multicentre, pragmatic, parallel group, placebo-controlled, three-group, randomised surgical trial. Lancet. 2018 Jan 27; 391(10118)

Nazari G, MacDermid JC, Bryant D, Athwal GS. The effectiveness of surgical vs conservative interventions on pain and function in patients with shoulder impingement syndrome. A systematic review and meta-analysis. PLoS One 2019; 14(5).

Blom AW, Donovan RL, Beswick AD, Whitehouse MR, Kunutsor SK. Common elective orthopaedic procedures and their clinical effectiveness: umbrella review of level 1 evidence. BMJ 2021; 374.

 

Evidenzlevel: Randomized controlled trial, level I

5) Keine Biopsie bei Tumor im Bewegungsapparat ohne hinreichende Bildgebung und ohne interdisziplinäre Abstimmung sowie ohne Ausführung durch einen erfahrenen Spezialisten

 

Bei jedem Tumor im Bewegungsapparat, bei dem der Verdacht besteht, dass es sich um ein Knochen- oder Weichteilsarkom handelt, sollte zunächst eine vollständige und spezifische radiologische Untersuchung durchgeführt werden. Die Beurteilung sollte anschliessend zunächst anhand eines interdisziplinären Sarkom-Tumorboards erfolgen, aufgrund dessen ein Therapieplan festgelegt wird. Die Behandlung eines derartigen Tumors sollte immer mit einer Biopsie beginnen, obwohl das Eingehen des Risikos einer Kontamination umstritten ist. Die Biopsie muss zwingend mit dem Chirurgen geplant werden, der den Patienten schliesslich operieren wird.

 

Die Biopsie liefert erwiesenermassen eine zuverlässige histopathologische Diagnose, erhöht die Rate der R0-Resektionen, verringert die Rate der erneuten Eingriffe und senkt die mit Komplikationen verbundenen Kosten. Perkutane Knochen- und Weichteilbiopsien sind zuverlässig und sollten die erste Wahl sein.

 

Wenn die Diagnose nicht gestellt werden kann, kann eine erneute Biopsie in den meisten Fällen ein eindeutiges Resultat liefern.

 

Quellen:

Blay J.-Y. Ann Oncol 2017 et 2019
Crenn V. Diagnostics 2021
Pouedras M. Surgical Oncology 2021
Meek R. Radiographics 2021
Gronchi / Strauss ESMO Ann Oncol 2021

 

Evidenzlevel: C (retrospective studies)

Schweizerische Gesellschaft für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie (swiss orthopaedics)

 

http://www.swissorthopaedics.ch/

 

 

Informationsflyer zu dieser Liste

Dokument für Patientinnen und Patienten